Schiefe Leben unter der Lupe
Regisseur Ronny Jakubaschk hat es geschafft, sechs Charaktere auf die Bühne zu bringen, die in all ihrer Überzogenheit authentisch wirken. Er hat die Absurditäten des Alltags enthüllt. Zwischen Schauspielerei und Slapstick schaffen es die Darsteller dabei, ihre Rollen auszufüllen, ohne ins Lächerliche abzugleiten. Sie bewegen sich auf einer grün-gelben Kastenbühne zwischen Kühlschrank, Herd, Lattenrost und Schrank. Bühnenbildner Matthias Koch hat diese Symbole der Alltäglichkeit schief aufeinander gestapelt. In dem schiefen Mobiliar spiegeln sich die schrägen Lebensentwürfe der Figuren.
Hinter der Kastenbühne erhebt sich eine Leinwand. Und während Videotechnik in vielen Stücken unmotiviert und scheinbar zwanghaft eingesetzt wird, bindet Jakubaschk die Projektionen so in das Stück ein, dass sie nicht nur berechtigt sind, sondern auch zu einem spielerisch nützlichen Element des Stücks werden. Die Leinwand verdeutlicht wie eine Lupe einzelne Charaktere.
"Dies könnte der Anfang einer wunderbaren Generation sein." Man möchte den letzten Satz des Stücks fast glauben, lägen da nicht so viele Leichen im Keller.
Nachtkritik

 

Boulevard-Melodram mit Tiefgang
Ein bisschen von allem hat Melle hier kombiniert, Sozialstudie und "kitchen sink"-Drama, Krimi, Komödie und Seifenoper. Entstanden ist ein witziges und zugleich beklemmendes "Boulevardmelodram aus der Gegenwart", wie der Untertitel das Stück einordnet.
Die Welt der Soaps holt Regisseur Ronny Jakubaschk auf die Bühne, indem er Sequenzen lose aneinanderreiht. So wie die Kamera in den Vorabendserien zwischen den Szenarien hin- und herschnippen, blitzen in Jena im Spot Momente aus dem Alltag von Ran und Katja, Hans und Jenni auf. Das Bühnenbild (Matthias Koch) bleibt - eine angedeutete Wohnung in Gelbgrün mit einem Hauch Ocker, in der behelfsmäßig Lattenrost, Herd und Schubläden zusammengestoppelt sind. Aus dieser Szene brechen die Figuren hin und wieder aus, indem sie direkt den Zuschauer ansprechen. Später erzählen sie ihre Sorgen der Kamera, mit der Ran seine "Studie" untermauert und die, als Projektion, dem Publikum Seifenopern-Fernsehen beschert.
Seicht wird die Inszenierung selbst allerdings nicht. Sie findet, auch durch die Schauspieler, eine wirkungsvolle Balance zwischen Witz und Ernst. Sie sind es auch, die den mitunter grob geschnitzten Generationen-Schablonen des Stücktextes Dramatik verleihen.
Ralph Jung gibt den Familienclown Papa Hans, der an seiner Joppe nestelt, und den seine Tochter nicht ernst nimmt. Mohamed Achours Ran wird vom gelackten Gockel zu einem Mann, den sein eigenes Drängen nach dem nächsten Besseren quält. Und Anne Haug lässt ihre Jenni so penetrant und wissend lächeln, dass man als Zuschauer geradezu alarmiert jede Bewegung der gelangweilten Großklappe verfolgt.
Jenni ist letzten Endes allerdings diejenige, die den Schalter umlegt. Auf drastische Weise bricht sie aus ihrem Leben im "Karton" aus, während die anderen Figuren in ihrem angekettet bleiben und ihre ach so geliebte Freiheit verfluchen.
Thüringische Landeszeitung

 

Kleine Dramen
Im "Boulevardmelodram aus der Gegenwart", so der Untertitel, sieht sich der Zuschauer erst einmal mit der vom Theaterhaus Jena ja weitgehend gemiedenen Guckkastenbühne konfrontiert.
Matthias Koch (Bühne und Kostüme) versetzt die Akteure ins klassische Ambiente einer Boulevardkomödie. Nur die Türen für effektvolle Auftritte fehlen, was den effektvollen Auftritten keinen Abbruch tut. Doch "Das Herz ist ein lausiger Stricher" ist ein Melodram, gestrickt aus einer ganzen Reihe kleiner Dramen, die sich irgendwo im Osten in einer tristen Wohngegend am 18. Geburtstag des Mädchens Jenny (Anne Haug) ereignen. Ein abgehalfterter Rockstar (Julian Hackenberg) redet mit Jenny über ihre Träume. Nach seinen Träumen fragt ein die Verbrauchsgewohnheiten der Unterschicht erforschender Manager (Mohamed Achour) Jennys Vater aus. Die Frau des Managers (Vera von Gunten), eine hochschwangere Oberschichttussi, wird mit ihren Alpträumen nicht fertig. Jennys von Geldsorgen erschöpfter Vater (Ralph Jung) wiederum projiziert seine Träume auf die Tochter. Und ihre Mutter (Saskia Taeger), die kurz nach Jennys Geburt mit einem Westler das Weite suchte, träumt davon, ihre Tochter in die Arme zu schließen.
In kleinen Szenen werden die sechs Menschen dem Zuschauer vorgestellt. Mit dem klassischen Boulevard verbindet die Szenen der Wortwitz, von ihm unterscheiden sie sich, da die Rätsel nie restlos aufgelöst werden. Und auch den Schauspielern, allen voran Saskia Taeger, bekommt dieser Ausflug in den gefühlsduseligen Alltag gut.
So leicht und heiter sich dieser 18. Geburtstag anbahnt, ganz melodrammäßig bleibt das Happy End aus. Ein Mensch stirbt und damit wird die zuvor gewonnene Sicht auf die Figuren in Frage gestellt. Ein Mensch stirbt und die Anderen machen kein Drama draus. Ein starkes Stück, eine tolle Inszenierung und ein Spitzenteam.
Ostthüringische Zeitung

asyl im paradies

meiningen

07.04.24

05.05.24

 

galileo galilei

karlsruhe

05.05.24

25.06.24

01.,04.,16.07.24

  

zwei herren

hannover

23.,30.03.24
 

effingers

karlsruhe

28.03.24

 12.&25.04.24

03.,09.,31.05.24

15.,23.06.24

18.07.24

 

 

gulliver

halle

19.-21.06.24