Die Schauspieler dürfen brillieren, die Dialoge funkeln, die Witze sitzen. Es ist sorglos konsumierbare und gekonnt servierte Boulevardunterhaltung vom Feinsten. Heftiger Beifall des Premierenpublikums im Großen Haus des Staatstheaters.

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Die von Ronny Jakubaschk verantwortete ist einerseits stückgetreu und entschlossen boulevardesk, fügt dem Spaß andererseits mehr als nur eine Prise ironische Übertreibung hinzu.

Einen etwas verkommenen Spukhaus-Chic deutet schon das Bühnenbild von Matthias Koch und Marina Stefan an; rechts bietet eine Treppe artistische Stolpermöglichkeiten (vor allem von Rüdiger Hauffe als Mortimer genutzt), hinten in der Mitte dient eine Truhe als Leichenversteck. An diversen Fenstern und Glastüren geistern immer wieder Schatten vorbei, famose Musik (Johannes Hofmann) schleicht sich behutsam in die Szenen. Und wenn die Akteure die Bodenklappe nach Panama öffnen – Teddys Panama, nicht Janoschs Panama –, dampft es ominös aus dem Boden.

Joseph Kesselrings 1941 uraufgeführte rabenschwarze Komödie funktioniert deshalb so famos, weil sie Ungeheuerlichkeit auf Ungeheuerlichkeit häuft, weil die Absurditätsrädchen sich immer schneller drehen (und in Mainz in gut zweieinhalb Stunden auch drehen dürfen).

Regisseur Jakubaschk setzt auf die fesche, reibungslose Komödienoberfläche, recht so. Eine regelrechte Choreographie für das Überkandidelte hat er mit dem famos mitspielenden Ensemble einstudiert: Es ist ein einziges Armwedeln und Zappeln, ein Tänzeln und zierlich Hüpfen, ein Bockspringen und Über-Servierwagen-und-auf-Stühle-Stolpern. Szenenapplaus bekommt Hauffe dafür, dass er als Paket verschnürt die Treppe hochhüpft. Herrlich auch, wie die Türglocke mit kleinen Bewegungen synchronisiert ist.

Und in der Mitte des Trubels als Ruhepol zwei hellblau-adrett gekleidete Omas: Tante Abby und Tante Martha, Monika Dortschy und Andrea Quirbach, die gerade um die passende Nuance weniger dick auftragen. Sie meinen es nicht böse, sie verstehen auch die ganze Aufregung nicht.

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Die beiden Damen sind bei Monika Dortschy und Andrea Quirbach natürlich in den besten Händen. Das Duo der großen – Verzeihung! – älteren Schauspielerinnen gibt ihnen Format und ringt dem Zuschauer Respekt ab. Gleichsam als eine Person tun sie das, was sie tun müssen – so wie sie es sehen. Ihr Bruder Teddy ist bei Armin Dillenberger ebenfalls gut aufgehoben, der immer dann erscheint, wenn er es doch gerade lieber sein lassen sollte. Die ganze Tür-auf-Tür-zu-Geschichte funktioniert auf der von Matthias Koch und Marina Stefan ausgestatteten Bühne bestens.

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Ronny Jakubaschk hat „Arsen nd Spitzenhäubchen“ jetzt fürs Große Haus in Mainz inszeniert als knapp dreistündige Mischung aus Salongroteske, Grusical und Kasperltheater, für die es ordentlich Applaus gab.

Monika Dortschy und Andrea Quirbach schaffen in diesem Sinne als etwas tüttelige, doch bis zur Schnippigkeit selbstbewusste Mördertantchen dem Abend ein Zentrum aus beinahe britischem Understatement. Drumherum geht es freilich bald so kalauernd und turbulent zu wie in der historischen Commedia dell'arte oder eben ihrem Verwandten, dem Kasperltheater.

Der Mortimer von Rüdiger Hauffe tanzt ständig am Rande des Nervenzusammenbruchs herum, seine Verlobte Elaine wird bei Antonia Labs zur ebenfalls hypernervösen Kreischtussi. Ausstaffiert mit Merkel-Frisur und grünem Hosenanzug platzt Mortimers verschollener Bruder und irrer Massenmörder Jonathan in die Szenerie. Sein Kumpan ist der nicht minder irre Schönheitschirurg Einstein. Lorenz Klee und Denis Larisch geben ein Gespann wie aus dem Grusical-Genre.

Jakubaschks Versuch, Salonkomödie, schrilles Commedia-Spiel und Grusical zu vereinen, ist kurzweilig und ergibt manchen hübschen Lachanlass.

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Die Mechanismen dieser Komik werden am Mainzer Staatstheater wunderbar herausgearbeitet. Gnadenlos überzeichnete, typenhafte Figuren handeln da auf der Bühne. Bis hinein in die Kostümierung wird das deutlich: Mortimer und seine Verlobte Elaine bilden das perfekte 50er-Jahre-Pärchen im knallroten Partnerdress - ein bisschen bieder, ein Hauch von Rock'n'Roll. Er: Anzug, Clark-Gable-Bärtchen, schnieke gescheiteltes Haar. Sie: Pettycoat, Hornbrille und Haartolle. Auch die beiden Tanten wirken in ihren mentholfarbenen Roben irgendwie schemenhaft, alles nur Fassade. Dieser Eindruck setzt sich im Bühnenbild fort. Auch das wirkt wie aus den 50ern ins Hier und Jetzt kopiert. Was sich in Kesselrings Original vor viktorianischer Kulisse abspielt, wird hier optisch in die bleiernen 50er versetzt. Eine spannende Parallelsetzung. Aber vor allem geht es dabei um Ästhetik, um schöne ausgefeilte Bilder, in denen jeder Dialog, jede Bewegung, jede Geste sitzt. Die makellose Oberfläche steht natürlich im scharfen Kontrast zu dem, was darunter verborgen liegt. All das ist wirklich unterhaltsam und klug in Szene gesetzt. Oder wie es eine Theaterbesucherin nach der Premiere kurz auf den Punkt bringt: "Schön war's!" 

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Die Brewsters haben es zu etwas gebracht. Der Salon, den Matthias Koch und Marina Stefan auf die Bühne des großen Staatstheater-Hauses in Mainz gebaut haben, könnte auch einem mittleren Grandhotel als Lobby dienen. Allerdings ist der Glanz ziemlich ramponiert, und auch die düstere Anmutung kein Zufall. Denn die Brewsters pflegen merkwürdige Spleens. Unter anderem haben sie die unschöne Angewohnheit, ihren Mitmenschen nach dem Leben zu trachten. Wie Mortimer Brewster darauf wartet, vom Familienwahn ergriffen zu werden, wie er auf jedes Zeichen der Verrücktheit lauert und dabei diese Verrücktheiten entwickelt, das turnt Rüdiger Hauffe mit gelenkiger Komik über die Bühne.

In Mainz stellen Andrea Quirbach und Monika Dortschy die Lieblichkeit dieser Todesschwestern ins Zwielicht des Skurrilen, dass es eine Freude ist. Überhaupt verlässt sich die Inszenierung von Ronny Jakubaschk auf den Witz der Typen und fährt damit gut – Denis Larisch gleitet in der Rolle des Doktor Einstein wie mit Gummiknochen über die Bühne, Antonia Labs spielt Mortimers Verlobte wie ein Raubtier, das sich seine Beute nicht nehmen lässt, Clemens Dönicke hat mehrere komische Auftritte, und wenn Matthias Lamp das Seidentuch aus der Uniformjacke zieht, um von der Polizisten- in die ersehnte Künstlerrolle zu schlüpfen, erreicht das Vergnügen einen Höhepunkt. Die Regie trägt im Zweifelsfall lieber zu dick auf, scheut den Klamauk nicht, hat den Abend vom Teewagen-Ballett bis zur Artistik auf der langen Treppe durchchoreografiert.

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Riesenspaß im Großen Haus des Staatstheaters „Arsen und Spitzenhäubchen“ begeistert in Mainz. 

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Die Familie Brewster scheint allgemein ein wenig wunderlich zu sein, wie man feststellt, sobald der zweite Neffe Teddy (Armin Dillenberger) auftaucht, der sich abwechselnd für Cäsar, Wilhelm II. und Napoleon hält. Er wird von seinen Tanten beauftragt, die Toten im Keller zu begraben - in dem Glauben, das Gelbfieber fordere Opfer. Natürlich erscheint auch alsbald der dritte Bruder, der einstmals verschollene Jonathan (Lorenz Klee). Er hat inzwischen eine Karriere als Serienmörder hinter sich und einen falschen Doktor (Denis Larisch) sowie eine weitere Leiche im Schlepptau. Lorenz Klee und Denis Larisch als Dr. Einstein – „Das ist doch nicht Dr. Einstein!“ „Nicht Albert, Hermann!“ – harmonieren perfekt als Gangsterduo. Das besteht einerseits aus dem aggressiven und angsteinflößenden Schwerverbrecherchef und andererseits seinem kuschenden Gehilfen mit nützlichen Fähigkeiten in Messer- und Scherenhandhabung. Wenn dann noch Polizist O’Hara vorbeikommt, wunderbar als selbstverliebter, verkappter Dramatiker von Matthias Lamp gegeben, der einstweilen seine Polizeimütze von sich wirft und gegen ein feines lilafarbenes Halstuch eintauscht, welches er mit vollendetem Schwung um sein zartes Hälschen zu schlingen weiß, lacht man in jedem Fall.

Das 1941 erstmals am New Yorker Broadway aufgeführte Stück von Joseph Kesselring war ein Welterfolg und ist auch ein Filmklassiker. Die Inszenierung am Staatstheater ist eine reine Komödie mit dem Hauptziel, zu unterhalten. „Arsen und Spitzenhäubchen“ ist überzogen und mit sehr viel Slapstick angereichert, die Charaktere sind mit ihrer großen Gestik völlig überzeichnet. Wer Tiefgang erwartet, ist hier falsch. Allerdings gibt es wunderbare Skurrilitäten, mehrere Leichen und viel Action zu bestaunen und die Rollen werden toll und mit sehr viel Freude verkörpert.

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