Der Baum aus türkisen Dachlatten, der seine Äste wie ein Dach über Teile der kleinen Bühne wirft, ist eine klare Ansage: Keine Nachmache! Wer in die kleine Studiobühne unter dem Dach des Theaters am Markt in Bielefeld gekommen ist, um schlicht eine Live-Version von Maren Ades 2009 mit dem Großen Preis der Jury auf der Berlinale dekorierten Film Alle anderen zu sehen, ist hier falsch. (...) Gitti nervt zu Beginn zwar etwas, weil Felicia Spielberger sie doch arg görenhaft spielt. Aber je mehr Chris versucht, zu dem zu mutieren, was er für einen Mann hält, desto intensiver wird ihr Blick, der zwischen Abscheu und Angst, den anderen zu verlieren, schwankt. Das Mädchen wird zur Frau, die immerhin weiß, was sie nicht will.Graser gibt Chris zu Beginn weniger introvertiert, sondern neugieriger, lebenslustiger als im Film. Das tut der Figur gut, weil ihr dadurch die Egozentrik abgeht, die bei Eidingers Chris so beklemmt. Chris wird dadurch noch facettenreicher, als er eh schon von Ade angelegt ist. Einer, der nicht nur seinen Weg als Architekt sucht, sondern sich verstehen will und es doch nicht tut. Zur Herausforderung für Chris wird die Begegnung mit seinem Kumpel Hans (Guido Wachter) und Sana (Julia Friede), die eben kein Paar auf der Suche sind, sondern eins, wie "Alle anderen": glücklich, mit klaren Geschlechterrollen. Jakubaschk nimmt Hans überzeugend einen Teil der Macho-Speckigkeit, die die Figur im Film noch hat. Das Schwangerschaftsglück von Sana spielt Friede angenehm natürlich und nicht überzeichnet: schlicht eine glückliche werdende Mutter.(..) Dass Chris auch ein solches Leben führen möchte, versteht man in Bielefeld weit besser als im Film. Chris aber scheint zu meinen, dass er dahin nur kommt, wenn er wie Hans wird. Dass Gitti nicht Sana ist, bedenkt er allerdings nicht einen Augenblick. Und den echten Kerl bekommt er auch nicht hin. Während Hans Sana souverän den Arm um die Hüfte legt, steht Chris nur breitbeinig neben Gitti wie der kleine Bruder von Michael Wendler. Kein Wunder, dass Gitti seine Möchtegern-Verwandlung nicht ertragen kann und mit ihm bricht. Bei Ade versuchen zwei komplizierte Menschen miteinander und mit sich selbst klarzukommen – bis zuletzt, da Gitti nicht einfach geht, sondern minutenlang wie tot erscheint und zumindest vorläufig bleibt, auch wenn alles aus sein dürfte. Jakubaschk, der die Handlung präzise wie sensibel gekürzt hat, behält diesen Schluss bei.

nachtkritik


Bielefeld. Die Liebe ist unerschöpflich und treibt in jeder Generation stets neue Blüten hervor, solche und solche. Nach der Verfilmung von Maren Ade, spürten die Bielefelder Schauspieler im Theater am Alten Markt in einer Uraufführung von "Alle Anderen" mit Regisseur Ronny Jakubaschk dem Wesen der Liebe nach.
Für Hauptdarstellerin Felicia Spielberger ist es die dritte Rolle ihres Engagements am Bielefelder Theater. Ihre Ausstrahlung ist enorm. Lebendig lebensfroh, voller Sehnsüchte spielt sie die Authentische, die Frau, die sich erprobt, indem sie ein Kleid anzieht, dass ihr nicht einmal gefällt und es auch im übertragenen Sinn wieder zur Seite legt, weil es nicht passt. Viele Gesichter zeigt auch Lukas Graser als Chris. Er spielt den Unscheinbaren, den italienischen Verführer, den erfolgreichen Mann, der doch sein Glück riskiert.
Sehr schön schillert das zweite Paar mit Julia Friede und Guido Wachter, ein Vorzeigepaar. Wie langweilig ist doch der perfekte Mensch, der scheinbar alles hat, Glück, Geld, ein Kind. Puppenhaft wirkt die langbeinige Sana und Julia Friede überspitzt ihre Perfektion bis ins Klischee. Man mag auch zu Guido Wachter schielen, der seine Frau so schwungvoll beherzt auf die Bühne trägt, doch es bleibt dieses Unbehagen.
Jakubaschk inszeniert in kleinen Sequenzen beispielhaft, wie es um die Liebe eines Paares bestellt ist, das die Freiheit will und sich nach Vollkommenheit sehnt. So bleibt das schnöde Beiwerk des Lebens marginal und der Blick konzentriert sich auf das Markante, die wesentlichen Eckpfeiler einer Beziehung. Jeder benötigt Resonanz aus der Welt, aber es wäre fatal, wenn es nur einen Spiegel und keine Erkenntnis gäbe. Idealerweise wählte Bühnenbildner Matthias Koch einen Rundumspiegel, der eine Landschaft erweitert, aber auch Blendung und Täuschung sein kann. Mehr Symbol geht nicht. 
neue westfälische zeitung

 

In seiner Bielefelder Inszenierung krempelt Regisseur Ronny Jakubaschk die Vorlage um. Er zeigt, wie das Leben der End-Zwanziger-Generation funktioniert. Alles ist möglich, alles wird schneller, alles soll schmerzfreier sein und das wird zum Fluch, denn überall lauern Ängste, davor, zu kurz zu kommen, es doch nicht genug probiert zu haben oder sich festzulegen. Doch es muss weitergehen.

Die Szenen wechseln rasant, so als könnte man ständig in ein anderes Leben schlüpfen. Die Schauspieler verleihen ihren Figuren mehr Dynamik, mehr Witz, mehr Leichtigkeit als der Film und man nimmt sie ihnen voll und ganz ab.

Ein kurzweiliger Theaterabend, bei dem man sich am Ende fragt, ob er wirklich anderthalb Stunden gedauert hat.
wdr radio

 

Regisseur Ronny Jakubaschk hat die Geschichte straff umgesetzt. Mit viel Gespür für Zwischentöne beleuchtet er die Charaktere und ihre Entwicklung. (...) Getragen wird das Stück von den authentisch und sehr präzise spielenden Darstellern. Ausdrucksstark lotet etwa Felicia Spielberger Gittis Wandel von der fröhlich-frechen Frau zur vertweifelten Liebenden aus, der ihr Partner entgleitet. Lukas Graser ist besonders gut, wenn Chris vergelich versucht, so aufzutreten wie Macho Hans und Gitti dabei fremd wird. (...) Die Inszenierung fesselt bis zu dem unvermittelten Schluss. Als das Licht ausgeht, dauert es einige Augenblicke, bisdie Zuschauer begreifen, dass sie gerade die letzte Szene gesehen haben. So abrupt ist das Beziehungsdrama auf der Bühne zu Ende. Trennen sich die Protagonisten? Oder stehen sie vor einem Neuanfang?

die glocke

 

Regisseur Ronny Jakubaschk ist es gelungen, eine Szenencollage auf die Bühne zu bringen, in der jeder Ähnlichkeit mit dem „richtigen Leben“ erkennen kann. Das Publikum war angetan und applaudierte den vier Darstellern begeistert.

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